Wie viel DDR steckt in der heutigen Bundesrepublik? Merkel-Deutschland als Musterstaat von Perestroika und Neuem Denken

Ein Gastbeitrag von Torsten Mann

Hans-Georg Maaßen, Ex-Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, sagte am 6. September 2020: „Wir haben 1989 viele Fehler gemacht, vor allem die Westdeutschen haben viele Fehler gemacht. Viele Fehler haben Geld gekostet, Treuhandanstalt und so weiter, aber das ist verschmerzbar. Andere Fehler können Freiheiten kosten, das ist weniger verschmerzbar. Fehler wie beispielsweise die Naivität gegenüber den Gefahren aus dem Osten vom Ministerium für Staatssicherheit, vom KGB. Dass man sich nicht vorgestellt hat, dass es neben den beiden im Westen diskutierten Möglichkeiten einer deutschen Lösung – also entweder deutsche Einheit oder ein größeres Westdeutschland – auch noch eine andere Möglichkeit geben könnte, nämlich ein größeres Ostdeutschland. Darüber hat man 1989 im Westen gar nicht nachgedacht.“

Drei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer gilt KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow mit seiner Reformpolitik der Perestroika als wichtigster Wegbereiter der deutschen Wiedervereinigung. Und auch wenn diese Sichtweise gewiss den Tatsachen entspricht, so ist sie häufig mit dem Missverständnis verbunden, dass die Perestroika das Ende des Kommunismus bewirkt hätte. In Wirklichkeit strebte die Perestroika jedoch keineswegs das Ende des Kommunismus an, sondern vielmehr, –wie Gorbatschow selbst betonte,– seine konzeptionelle Umgestaltung durch ein „Neues Denken“ und im Anschluss daran seine Errichtung im Weltmaßstab. Wie der sowjetische Parteiideologe Iwan Frolow erklärte, spielen bei diesem Prozess sogenannte „globale Probleme“, zu denen ausdrücklich „die Ökologieproblematik“ zählt und zu denen aus heutiger Sicht auch eine angeblich globale Pandemie zählen könnte, eine ganz wesentliche Rolle.

Neues Sozialismusbild

Laut Frolow hatte die KPdSU schon in den 1950er Jahren damit begonnen, das international diskreditierte stalinistische Erscheinungsbild des Kommunismus abzulegen und ein neues Sozialismusbild zu entwickeln, das die „soziale Frage“ in internationalem Rahmen mit dem Umweltschutz verbindet. Bei diesem neuen Sozialismusbild sollte nicht mehr die angebliche Ausbeutung der Arbeiterklasse in den Industriestaaten der westlichen Welt im Zentrum der kommunistischen Agitation stehen, sondern der Klassenkampf wurde so umgestaltet, dass einerseits die Völker der Dritten Welt – der „globale Süden“ – und andererseits die Erde selbst zum neuen „Ersatzproletariat“ erklärt wurden, das angeblich durch die kapitalistische Lebensweise der westlichen Welt benachteiligt und bedroht werde. Insbesondere ein pauschal behaupteter „Hunger in der Dritten Welt“ und eine vermeintlich drohende „Klimakatastrophe“ sollten die entscheidende Rolle „bei der Vermittlung und Vertiefung der Einsicht“ spielen, so Frolow, „dass der Übergang der gesamten Gesellschaft vom Kapitalismus zum Sozialismus eine Notwendigkeit“ sei – und das, wie gesagt, ausdrücklich im Weltmaßstab.

Das heißt, der Ausgangspunkt der Klimakatastrophentheorie – die von Tausenden redlichen Wissenschaftlern in aller Welt als falsch verworfen wird – war nicht die Entdeckung einer tatsächlich existierenden ökologischen Bedrohung, sondern lediglich der Bedarf der Kommunisten an einer neuen plausibel wirkenden Legitimation für ihre sozialrevolutionären Zielsetzungen. Allein aus diesem Grund verlegte die Internationale Abteilung der KPdSU, die in Nachfolge der Komintern bislang das politische Wirken der kommunistischen Parteien in aller Welt koordiniert hatte, den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in den 1980er Jahren auf Friedens- und Umweltschutz-NGOs in Amerika und Westeuropa. Diese Verlagerung gehörte, wie der damals in die USA übergelaufene KPdSU-Funktionär Jewgeni Nowikow bestätigte, zu Gorbatschows „Neuem Denken“.

Somit überrascht es nicht, dass auch der KPdSU-Generalsekretär in der öffentlichen Wahrnehmung zu dieser Zeit eine ganz persönliche Umgestaltung vollzog, die ihn vom mächtigsten Funktionär im „Reich des Bösen“ innerhalb weniger Jahre zu einem international einflussreichen Umweltschützer werden ließ, ohne dass er je von seinen kollektivistischen Überzeugungen abgelassen hätte. Dem neuen grünen Erscheinungsbild des Sozialismus entsprechend forderte Gorbatschow im September 1987 „eine globale Strategie für den Umweltschutz und die rationelle Nutzung der Ressourcen“, was ihm zufolge „im Rahmen eines Uno-Spezialprogramms in Angriff“ genommen werden sollte. Im Zusammenhang damit sollten die Nationalstaaten in Umweltschutzfragen gegenüber internationalen Organisationen rechenschaftspflichtig gemacht werden. Kurz darauf proklamierte Gorbatschow, dass wir „einer neuen Welt“ entgegengehen, „der Welt des Kommunismus“. Und, wie er betonte: „Wir werden von diesem Weg nie abweichen.“

Globaler Ökosozialismus statt Kommunismus

Der Kommunismus wurde durch die Perestroika also nicht abgeschafft, sondern lediglich in die Ideologie des globalen Ökosozialismus umgestaltet, die nach der sogenannten Wende im wiedervereinigten Deutschland einen Siegeszug antrat und inzwischen die politische Agenda fast aller politischen Parteien dominiert. Dabei bringt der Ökosozialismus nur Nachteile, denn seine Zielsetzung ist nicht der Schutz der Umwelt als Selbstzweck, sondern vielmehr die planmäßige Absenkung des Lebensstandards unter dem Stichwort der „Suffizienz“, die Einführung einer hauptsächlich durch willkürliche Energiepreise kontrollierten Planwirtschaft, was man „Nachhaltigkeit“ nennt, und die internationale Umverteilung des vermeintlich „überschüssigen“ Wohlstands, was als „globale Gerechtigkeit“ ausgegeben wird.

Insbesondere die von der früheren FDJ-Sekretärin Angela Merkel unterjochte CDU schreibt es sich auf die Fahnen, Deutschland zu einem internationalen Vorreiter beim „Klimaschutz“ gemacht zu haben, was nichts anderes bedeutet, als dass das einstige Musterland der sozialen Marktwirtschaft innerhalb weniger Jahre nach der Wiedervereinigung auf der internationalen Bühne zu einem Protagonisten der grünen Planwirtschaft, der Gängelung seiner Bürger und der Umverteilung ihres Eigentums geworden ist. Begonnen hat der Siegeszug dieser neuen Lehre aus den Giftküchen der KPdSU schon im Jahr 1992 mit der damals einsetzenden europäischen Integration und dem zeitgleich auf Uno-Ebene gestarteten Rio-Prozess, der die internationale Politik den Vorgaben der Klimarahmenkonvention, der Biodiversitätskonvention und der Agenda 21 unterwarf, wodurch die von Gorbatschow fünf Jahre zuvor geforderte Rechenschaftspflicht der Nationalstaaten gegenüber internationalen Organisationen rechtsverbindlich gemacht wurde.

Drei Jahrzehnte später sind die Wortmeldungen führender deutscher Politiker sämtlicher Blockparteien inhaltlich kaum mehr von der Rhetorik Gorbatschows zu unterscheiden, denn diese bekräftigen nur immer wieder aufs Neue, dass die Planziele des internationalen Klimaschutzes trotz ihrer verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen, unter denen die deutschen Bürger immer schwerer leiden, auch zukünftig „alternativlos“ umgesetzt werden. Nur wenige Wochen nach dem Beschluss des „Klimaschutzprogramms 2030“, das den Bürgern durch die Einbeziehung von Gebäudeheizung und Verkehr in den Emissionsrechtehandel neue willkürliche Lasten auferlegt, forderte die Bundeskanzlerin in ihrer Neujahrsansprache 2019 von den Deutschen wortwörtlich „den Mut zu neuem Denken“ – und zwar im vollen Wissen darum, dass die in diesem Programm beschlossenen Maßnahmen vielen Bürgern „Angst machen“ und „sie überfordern könnten“.

‘Internationalsozialistische Konzepte‘

In Kenntnis der tatsächlichen Hintergründe der Klimaschutzagenda fragt man sich da zwangsläufig, wem unsere Politik denn eigentlich verpflichtet ist: dem deutschen Volk oder einer übergeordneten Räteregierung in Gestalt der EU oder der Uno, deren willkürliche Planziele sie stets lakaienhaft umsetzt? Ein Vergleich zu den politischen Verhältnissen in der „DDR“ drängt sich geradezu auf, denn dort war das SED-Regime nicht die politische Vertretung seiner Bürger, sondern das ausführende Organ des sowjetischen Politbüros bei der Kollektivierung der östlichen Besatzungszone.

Seit der Wiedervereinigung wächst neben dem alles dominierenden „Umweltschutz“ auch in anderen Bereichen der deutschen Politik unverkennbar die Dominanz internationalsozialistischer Konzepte, und damit einhergeht eine immer unerträglicher werdende Tyrannei, die das Volk und seine vermeintlichen Vertreter immer weiter voneinander entfremdet. Vermutlich ist es genau diese zunehmende Entfremdung, die die frühere FDJ-Sekretärin in derselben Neujahrsansprache dann auch dazu veranlasst hat, den „Frauen und Männern“ zu danken, „die in unserem Land politische Verantwortung übernehmen“, denn sie ergänzte, es sei „Aufgabe des Staates“, diese Menschen vor „Hass, Anfeindungen und Gewalt“ zu schützen, „eine Aufgabe, der sich die Bundesregierung besonders verpflichtet fühlt“.

Diese Äußerung deutet darauf hin, dass denen, die „politische Verantwortung“ beim Hineinwachsen in den grünen Sozialismus tragen, mittlerweile ein erheblicher Zorn entgegenschlägt – auch wenn die zwangsfinanzierte Staatspropaganda darüber natürlich nicht berichtet, was erneut an die „DDR“ erinnert, deren Propaganda stets den Eindruck erweckte, als stünde das Volk mit überwältigender Mehrheit hinter den Willkürmaßnahmen des SED-Regimes. Durch die im Jahr 2020 aufgekommene Corona-Krise beziehungsweise durch die immer absurder werdenden Maßnahmen, mit denen diese Krise angeblich bekämpft werden soll, wurde die Entfremdung der politischen Klasse von ihrem Volk nur noch weiter verschärft und das dem Regime nahestehende Establishment reagierte auf den wachsenden bürgerlichen Ungehorsam mit Repressionen, die direkt dem Lehrbuch von KGB und Stasi zu entstammen scheinen.

Zersetzung von Corona-Kritikern

Dazu zählt die Zersetzung der Protagonisten des Corona-Widerstands und der Querdenken-Bewegung durch öffentliche Diffamierung, die Kündigung von Bankkonten und willkürliche Hausdurchsuchungen sowie Verhaftungen mit erheblicher Polizeigewalt ebenso wie die verfassungswidrige Verhinderung von Demonstrationen und sogar die Zwangseinweisung sogenannter Maßnahmenverweigerer und Quarantänebrecher, was sehr an die berüchtigte Politpsychiatrie in der Sowjetunion erinnert. Wenn deutsche Politiker inzwischen mit mehr oder weniger deutlichen Worten zu verstehen geben, die Gegner des gegenwärtigen Pandemie-Sozialismus seien „eine Aufgabe für Psychologen“, dann stellen sich diese Politiker in die direkte Tradition von KPdSU-Generalsekretär Nikita Chruschtschow, der die Opposition gegen den Kommunismus schon in den 1950er Jahren pauschal als Symptom eines „nicht normalen psychischen Zustands“ bezeichnet hat, womit die Zwangseinweisung sowjetischer Regimegegner in „Sonderkrankenhäuser“, die berüchtigten „Psikuschkas“, begann.

Der KGB-Überläufer Anatoli Golizyn erklärte diese Vorgehensweise wie folgt: „Die sowjetische Psychiatrie und die Inhaftierung aktiver Antikommunisten in psychiatrische Kliniken dienen dazu, die Bevölkerung zu erziehen, einzuschüchtern und dem Regime zu unterwerfen, indem demonstriert wird, dass nur die psychisch Gestörten dagegen protestieren.“ Wie es scheint, hat die politische Kultur in unserem Land inzwischen genau dieses Niveau erreicht.

Betrachtet man die Entwicklung des wiedervereinigten Deutschlands während der letzten drei Jahrzehnte, dann lässt sich die Frage, wie viel „DDR“ in der heutigen BRD steckt, wie folgt beantworten: So wie die von Erich Honecker tyrannisierte sowjetische Besatzungszone die ideologische Kolonie Leonid Breschnews auf deutschem Boden war, so ist die unter der früheren FDJ-Sekretärin Angela Merkel leidende Bundesrepublik als ideologische Kolonie Michail Gorbatschows zu verstehen. Das heißt, das wiedervereinigte Deutschland entspricht inzwischen weitaus eher einem mit den Mitteln der Perestroika bis zum Rhein erweiterten Ostdeutschland als dem früheren Westdeutschland, das im Geist des Rheinischen Kapitalismus nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb weniger Jahre von einem Trümmerfeld zum wirtschaftlich leistungsstärksten und in jeder Hinsicht freiesten Land der deutschen Geschichte aufgestiegen ist und das leider in dieser Form heute nicht mehr existiert.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

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Torsten Mann ist Autor diverser Bücher über die „sowjetische Langzeitstragie“, u.a. „Weltoktober„. Dieser Artikel erschien zuerst in der März-Ausgabe eigentümlich frei Nr. 210.

Bild: Shutterstock
Text: Gast

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